"Zwischen Anpassung und Widerstand"
Kirche im dritten Reich
Freiarbeit für die Jahrgangsstufe 9

"Das Reichskonkordat vom 20.7.1933"

Konkordat

Ein Konkordat (lat: Vereinbarung) ist ein Vertrag zwischen der katholischen Kirche, vertreten durch den Heiligen Stuhl, und einem weltlichen Staat, der besonders zur Regelung kirchlicher Angelegenheiten getroffen wird und in diesem Staat Gesetzescharakter erhält. Inhalte von Konkordaten können beispielsweise Vereinbarungen über Bischofsernennungen, die Kirchensteuer, den Religionsunterricht, die Militärseelsorge und theologische Fakultäten sein.

Das Reichskonkordat

Als Reichskonkordat wird das 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich geschlossene Konkordat bezeichnet. In ihm wurde das Verhältnis zwischen deutschem Reich und der katholischen Kirche geregelt. Es ist auch heute noch für die Bundesrepublik Deutschland gültig.

Nach der eingeschränkten Festschreibung der Trennung von Staat und Kirche in der Weimarer Verfassung von 1919 versuchten der Vatikan und der in der Zentrumspartei politisch tätige deutsche Klerus, ein Konkordat mit dem deutschen Reich zu vereinbaren. Die vom Nuntius Pacelli, dem späteren Papst Pius XII. gestellten Forderungen waren für die demokratisch gewählten Reichsregierungen jedoch unannehmbar.

Im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. Beteiligt war auf kirchlicher Seite neben Pacelli auch der Führer der Zentrumspartei Prälat Ludwig Kaas. Die Grundgedanken zum Text kamen von Kardinal Michael von Faulhaber. Franz von Papen verhandelte auf der Seite der Reichsregierung. Er war aber ebenfalls mit der katholischen Kirche verbunden. Bis Juni 1932 war er Mitglied der Zentrumspartei, und nach dem Krieg wurde er zum päpstlichen Geheimkämmerer ernannt. Papen traf sich bereits am 4. Januar 1933, also vor der Regierungsbildung, mit Hitler, um über das Konkordat zu sprechen. Dabei machte er deutlich, dass die Zerschlagung der sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien im Interesse des Papstes lag, und dass, wenn dies geschehe, auch auf die politische Betätigung des Klerus verzichtet werden könne.

Die Regelungen des Konkordats beschreiben größtenteils die z.T. weit reichenden Rechte der katholischen Kirche. Als Gegenleistung bekamen die Nationalsozialisten die Zustimmung der Zentrumspartei zum Ermächtigungsgesetz, das nur mit deren Hilfe eine Zweidrittelmehrheit bekommen konnte. Ein weiteres Interesse der Nationalsozialisten lag in der Ruhigstellung der katholischen Kritiker (Artikel 16 und 32) und in der Erlangung einer außenpolitischen Anerkennung der neuen Regierung. Das Reichskonkordat war ihr erstes außenpolitisches Abkommen. Alle diese Ziele wurden erreicht. Erst als die Regierung Teile der Konkordatsvereinbarungen brach (Streitpunkt war insbesondere Artikel 31), kam Kritik an deren Kirchenpolitik auf, die in der Enzyklika "Mit brennender Sorge" (1937) von Papst Pius XI. gipfelte.

Die wesentlichen Punkte des Konkordats sind:

  • Bekenntnisfreiheit und Freiheit der Religionsausübung (Artikel 1)

  • Fortbestand der Konkordate mit Bayern (1924), Preußen (1929) und Baden (1932) (Artikel 2)

  • freie Korrespondenz zwischen dem heiligen Stuhl und allen deutschen Katholiken (Artikel 4)

  • Geistliche erhalten den gleichen Schutz des Staates wie Staatsbeamte (Artikel 5)

  • keine Zwangsvollstreckung in das Amtseinkommen der Geistlichen (Artikel 8)

  • Geistliche Kleidung darf nur von Geistlichen getragen werden. Strafen wie beim Missbrauch militärischer Uniformen (Artikel 10)

  • Kirchengemeinden und andere Kirchenorganisationen sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes (Artikel 13)

  • Recht der Kirchen auf Erhebung von Kirchensteuern (Schlussprotokoll zu Artikel 13)

  • Treueeid der Bischöfe: "(...) Ich schwöre und verspreche, die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten und von meinem Klerus achten zu lassen (...)" (Artikel 16)

  • Staatsleistungen an die Kirche können nur im "freundschaftlichen Einvernehmen" abgeschafft werden. (Artikel 18)

  • Katholischer Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach. (Artikel 21)

  • Katholische Religionslehrer dürfen nur mit Zustimmung des Bischofs eingestellt werden. (Artikel 22)

  • Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen (Artikel 23)

  • Garantie der Militärseelsorge (Artikel 27)

  • Schutz der katholischen Organisationen und Verbände und Ermöglichung des Gottesdienstbesuches (Artikel 31)

  • Keine Mitgliedschaft von Geistlichen und Ordensleuten in politischen Parteien und keine Tätigkeit für diese. (Artikel 32)

In einem Geheimanhang wurde die Befreiung der Kleriker vom Militärdienst im Falle der Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht geregelt. Die allgemeine Wehrpflicht verstieß gegen den Versailler Vertrag.

Das Konkordat wurde am 20. Juli von Papen und Pacelli unterzeichnet. Die Ratifikation erfolgte am 10. September.

Nach dem zweiten Weltkrieg war zunächst umstritten, ob das Reichskonkordat weiterhin Bestand habe. Das Bundesverfassungsgericht bejahte dies am 26. März 1957 im so genannten Konkordatsurteil. Damit ist das Reichskonkordat das einzige heute noch gültige außenpolitische Abkommen aus der Nazizeit.

Neben der fehlenden demokratischen Legitimation und den Umständen des Zustandekommens des Konkordats wird von Kritikern vor allem das Unterlaufen der Trennung von Staat und Kirche kritisiert. Artikel 18 des Konkordats schreibt darüber hinaus staatliche Leistungen an die katholische Kirche fort und steht damit im Widerspruch zum Artikel 138 der Weimarer Verfassung, der über Artikel 140 des Grundgesetzes weiter besteht und fordert, dass die "auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung" abzulösen seien, was in den mehr als 80 Jahren seit Verkündung der Weimarer Verfassung nicht geschehen ist.

 

Quelle: Wikipedia, die freie Enzyklopädie

 

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